Komplexe Teamstrukturen an der Deutschen Europäischen Schule Singapur

Mit einem multiprofessionellen Team, das intensiv zusammenarbeitet, schafft es die German European School Singapore, ihre Herausforderungen zu meistern, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und auf gemachten Erfahrungen aufzubauen. Jurymitglied Petra Madelung berichtet davon, was den Unterricht der Schule auszeichnet.

 

Ein scheinbar kleines architektonisches Detail – die zu den Fluren ausgerichteten Glasfenster der Klassenzimmer der German European School Singapore oder GESS, wie die Schule auch genannt wird – gewähren jedem Vorbeigehenden Einblicke in das Unterrichtsgeschehen in allen Klassen. Wer hineinschaut, der beobachtet Lernarrangements, in denen der Einsatz digitaler Medien ganz selbstverständlich ist und in welchen Schüler:innen angeregt werden, eigene Fragestellungen und Hypothesen zu entwickeln, nach Antworten zu suchen und einander ihre Ergebnisse zu präsentieren. Vielfältige Lernlandschaften bieten darüber hinaus Gelegenheit für kooperatives Arbeiten von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II.

Diagnose und Beratung im Förderzentrum

Seit 2018 lernen Kinder und Jugendliche aus fast 70 Nationen von der Vorschule bis zum Abitur auf dem neuen, beeindruckenden Campus der Schule, die 2021 ihr 50-jähriges Jubiläum feierte. Im Verlauf eines Schuljahres nimmt die Deutsche Europäische Schule Singapur etwa 100 neue Schüler:innen auf. Ein Teil der knapp 1.700 Schüler:innen in den beiden Sektionen, der deutsch- und der englischsprachigen, bleibt bis zum Abschluss, ein anderer Teil verlässt die Schule nach wenigen Jahren. Viele von ihnen müssen instabile Lebenssituationen bewältigen, der Unterstützungsbedarf im psychosozialen Bereich ist aufgrund der Pandemie zusätzlich hoch: Zwei Jahre lang konnten Familien keine Heimatbesuche machen oder empfangen, zum Teil waren sie sogar als Kernfamilie getrennt. Mit einem multiprofessionell aufgestellten Förderzentrum bietet die Schule engmaschige Unterstützung, berät, diagnostiziert und fördert systematisch die Lernenden.

Systematische Unterrichtsentwicklung

Auch für das Kollegium ist eine hohe Fluktuation charakteristisch: Die Auslandsdienstlehrkräfte verweilen in der Regel drei bis acht Jahre an der Schule. Allein in den vergangenen sieben Jahren gab es fünf Wechsel in der Schulleitung. Dennoch gelingt es der Schule, eine kontinuierlich hohe Unterrichtsqualität zu gewährleisten, das gemeinsame Unterrichtsverständnis zu festigen und zusammen gezielt den Unterricht weiterzuentwickeln. Möglich machen das komplexe, gut vernetzte Teamstrukturen. In fest im Stundenplan verankerten Kooperationszeiten arbeiten einerseits Jahrgangs- und Fachteams sowie andererseits gesamtschulische Arbeitsgruppen an Themen, welche die Steuergruppe auf Basis von Evaluationen identifiziert. Darüber hinaus befassen sich „Professionelle Lerngemeinschaften“ mit Themen wie „Sprachförderung im Fremdsprachenunterricht“ oder „Digitale Medien partizipativ verwenden“, um den Bedarfen einzelner Gruppen gerecht zu werden. Auch die Instrumente der Personalentwicklung bauen an der GESS auf dem gemeinsamen Qualitätsverständnis auf, dazu gehören regelmäßige Unterrichtsbesuche, ein gemeinsamer Unterrichtsbeobachtungsbogen und Zielvereinbarungsgespräche.

Geleitet wird die Auslandsschule dabei von dem Gedanken, ihre Schüler:innen zu Weltbürger:innen zu erziehen, die in der Lage sind, erfolgreich eine sich fortwährend ändernde Welt und ihre Zukunft nachhaltig mitzugestalten. In diesem Sinne fördert die Schule das forschende Lernen: Die Kinder und Jugendlichen entwickeln eigene Fragestellungen, loten ihre Interessen aus, recherchieren, analysieren und präsentieren. „Act as a scientist“ – „Handle wie ein:e Forscher:in“ – lautet daher die Devise in vielen Stufen und Unterrichtsarrangements.

 

Zur Person

Petra Madelung ist ehemalige Prozessbegleiterin für das Pädagogische Qualitätsmanagement an Deutschen Auslandsschulen in Nord-West-Europa sowie ehemaliges Mitglied der Leitung des Projektes „Selbstständige Schule“ in Nordrhein-Westfalen.