Porträt

Bunt, quirlig, überall ist etwas los – so beschreibt Claudia Müter den normalen Alltag an der IGS Lengede. Jetzt sitzt die Lehrerin allein im Klassenzimmer an ihrem Schreibtisch, vor ihr steht ein aufgeklapptes Notebook, daneben liegt ein braunes Kuscheltier. „Hallo, liebe Biber, hallo!“, ruft sie fröhlich und winkt mit dem Kuscheltier, einem Biber, in die Kamera ihres Notebooks. „Hallo!“, antworten die Kinder der fünften Klasse im Chor. Sie winken zurück, lachen und freuen sich, ihre Klassenlehrerin zu sehen.

Wie überall hat sich der Unterricht der IGS Lengede während der Pandemie in den digitalen Raum verlagert. Doch anders als bei vielen Schulen war hier schon die Infrastruktur für ein digitales Lehren und Lernen vorhanden. „Wir haben das Strategiepapier der Kultusministerkonferenz sehr, sehr ernst genommen“, sagt Kerstin Jasper, die didaktische Leiterin an der IGS Lengede. „Da war schon vor ein paar Jahren das Etablieren einer digitalen Lernumgebung gefordert. Das war ein wirklicher Glücksfall für uns, dass wir diese Umgebung schon fertig installiert hatten, als der erste Lockdown kam“, erklärt sie.

Die IGS Lengede im ländlichen Niedersachsen ist eine noch recht junge Schule. Seit der Gründung im Jahr 2010 arbeiten die rund 100 Lehrkräfte mit eigenen, von der Schule gestellten Notebooks. Auch die Schulverwaltung und das Schulmanagement sind weitgehend digitalisiert, ebenso wie alle schulischen Dokumente, der Großteil der schulischen Kommunikation und Information läuft digital. Die über 1.000 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 13 sind es gewohnt, Tablets oder Notebooks zum Lernen zu nutzen.

Dabei setzt die Schule auf das „Bring your own Device“-Modell. „Es ist völlig egal, mit welchem Gerät eine Schülerin oder ein Schüler in die Schule kommt, ganz gleich, wie viel es gekostet hat.“, sagt Kerstin Jasper. Vielfalt als Stärke – so steht es im Leitbild der IGS Lengede, und so sieht sie auch die vielen unterschiedlichen Endgeräte, mit denen die Kinder lernen, als Chance und nicht als Herausforderung. Damit alle gut lernen können, hat die Schule lediglich technische Mindestanforderungen festgelegt: Eine Tastatur ist wichtig, ebenso eine Bildschirmgröße von mindestens zehn Zoll. Mit diesem Ansatz verfolgt die Schule ihr Ziel der Chancengleichheit. Dabei kommt neben dem technischen auch der pädagogisch-didaktische Aspekt zum Tragen: Die Schülerinnen und Schüler arbeiten sowohl im Präsenz- als auch im Distanzunterricht an individualisierten und differenzierten Lernwegen, die sie entweder selbst wählen können oder die von den Lehrkräften vorbereitet werden.

Herzstück der Digitalstrategie ist das Lernmanagementsystem „itslearning“, eine Plattform, für die sich alle am Schulleben Beteiligten gemeinsam entschieden haben. Denn auf ihrem Weg zur Digitalisierung von Schule bezieht die IGS Lengede alle mit ein: Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte, Schulleitung, Schulträger und Schulaufsicht. In der Pandemie arbeiten sie gemeinsam daran, die digitalen Kompetenzen der Lernenden und Lehrenden weiter zu stärken und die Unterrichtsqualität zu steigern. Die Schule ist überzeugt: Dafür braucht es eine Vielfalt passender Software. Zahlreiche weitere Anwendungen ergänzen das Lernmanagementsystem. Diese führt sie in einem digitalen, betriebssystemunabhängigen Werkzeugkasten zusammen: „L3KIDS“. Diesen Werkzeugkasten erreichen alle Schülerinnen und Schüler niedrigschwellig über einen zentralen Zugang, die unterschiedlichen Anwendungen sind mit kleinen, farbigen Symbolen dargestellt. Ein Klick auf das richtige Symbol genügt, um das passende Werkzeug zu öffnen. Ein Kriterienkatalog hilft den Lernenden, genau das Werkzeug auszuwählen, das sie in der jeweiligen Situation benötigen.
 

Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte – sie alle sind hochzufrieden damit, wie der IGS Lengede das digitale Lernen und Lehren in Zeiten von Corona gelingt. Sie schafft es, ihren Jahresarbeitsplan im Distanzlernen fortzuführen und Hard- und Software optimal mit ihrem pädagogischen Konzept zu verbinden. Regelmäßig evaluiert die Schule ihre Maßnahmen und fragt die Kinder nicht nur nach ihrer Zufriedenheit, sondern auch danach, was sie benötigen und wie sich der Unterricht weiterentwickeln muss, damit sie noch besser lernen können. Die Ergebnisse nimmt die Schule ernst. Kinder, die in der Befragung angaben, sich zu Hause nur schwer konzentrieren zu können, bekommen einen eigenen Arbeitsplatz in der Schule. Die Schule hilft Familien, ihr WLAN zu verbessern. Schülerin Melina* ist begeistert davon, wie die IGS Lengede mit der Pandemie umgeht: „Ich möchte später auch einmal Lehrerin werden und nehme mir meine Lehrer als Vorbild. Sie haben in dieser Situation schnell gehandelt. Das nehme ich als Erfahrung mit in die Zukunft.“

* Name von der Redaktion