Lernen durch Engagement, Verantwortung übernehmen und miteinander wachsen

 

Die Themen-Preisträgerschule im Kurzporträt: Die Schule lebt Demokratie als Haltung und Praxis. Ein wichtiger Schritt, dies auch institutionell zu verankern, ist das Fach „Lernen durch Engagement“. Ziel ist es, die Kinder zu ermutigen, selbstwirksam zu handeln, insbesondere im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit und gesellschaftlichem Engagement. Die Kinder haben ein hohes Bedürfnis nach Austausch und Einordnung, das ernst genommen und aktiv gefördert wird. Die Schule ist sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst. Die Kinder lernen hier, eigene Interessen und Themen zu erkennen und aktiv umzusetzen. Die Schule ist offen für Veränderungen und passt sich kontinuierlich an die Bedürfnisse der Schüler:innen an. Im Stadtteil Wilhelmsburg ist die Schule lebendig und aktiv, gesellschaftlich engagiert und vernetzt.

 

Im Interview erklärt Prof. Dr. Susann Gessner, Mitglied der Jury des Themenpreises Demokratiebildung, was die Demokratiebildung an der Schule An der Burgweide besonders macht:

Was zeichnet die Demokratiebildung an der Schule An der Burgweide aus?
Im Interview erklärte eine Lehrerin: „Demokratie als Haltung ist uns wichtig, das leben wir hier an der Schule. Demokratie ist kein Selbstläufer. Das ist Arbeit, und wir wollen daran mitarbeiten.“ Diese Aussage fasst aus meiner Sicht zusammen, was wir in den Interviews über die Schule gelernt haben.

Welche Konzepte haben Sie überzeugt?
Demokratiebildung ist an dieser Schule klar strukturell verankert. Es gibt zahlreiche und vor allem gut funktionierende Beteiligungsgremien für Schüler:innen, Eltern und Lehrkräfte. Alles ist eingebettet in das jahrgangsübergreifende Konzept der Schule. Besonders beeindruckt hat mich das Fach „Lernen durch Engagement“. Zwei Wochenstunden sind dafür fest im Stundenplan verankert. Das ist ein deutliches Zeichen, dass Demokratie auch als Lerninhalt ernst genommen wird. Hinzu kommt ein starkes Bewusstsein für gesellschaftliche Verantwortung. Die Schule versteht es als ihren Auftrag, Kinder auf ihre Rolle in der Gesellschaft vorzubereiten. Dazu gehört, Räume zu schaffen, in denen auch Grundschulkinder über welt- und tagespolitische Themen sprechen können. Damit ist die Schule An der Burgweide ein herausragendes Beispiel dafür, wie komplexe gesellschaftliche Fragen altersgerecht thematisiert und institutionalisiert werden können.

Wie haben Sie die Schüler:innen im Interview erlebt?
Trotz der verständlichen Aufregung im Online-Interview wirkten die Kinder unbefangen. Sie haben frei erzählt, wie sie den Schulalltag erleben, wo sie beteiligt sind und was ihnen wichtig ist. Für sie scheint Mitbestimmung selbstverständlich. Vermutlich können sie sich gar nicht vorstellen, dass es anderswo anders ist. Ein Vater berichtete, dass seine Kinder seit dem Schulbesuch auch außerhalb der Schule selbstbewusster komplexe Themen ansprechen und ihre Sicht vertreten. Eine Lehrkraft bestätigte, dass die Kinder lernen, Konflikte als verhandelbar zu begreifen, unterschiedliche Perspektiven auszuhalten und Lösungen im Gespräch zu finden. Insgesamt vermittelten die Kinder im Interview sehr deutlich: Sie fühlen sich als wertvolle Mitglieder der Schule und wirken aktiv mit.

Welche Impulse gibt diese Schule, um Demokratiebildung neu oder anders zu denken?
Die Schule traut sich, gängige Strukturen aufzubrechen. Sie hat zum Beispiel den 45-Minuten-Takt zugunsten eines jahrgangsübergreifenden Konzeptes aufgegeben. Das schafft Freiräume für selbstständiges Lernen und fördert die Fähigkeit der Kinder, eigene Themen zu verfolgen und Verantwortung zu übernehmen. Jahrgangsübergreifendes Arbeiten stärkt zudem soziale Beziehungen. Jüngere profitieren vom Wissen der Älteren, Ältere übernehmen Verantwortung. Das wirkt sich positiv auf das Miteinander und den Umgang mit Konflikten aus – eine oft unterschätzte Dimension von Demokratiebildung.

Was können Schulen darüber hinaus lernen?
Statt Top-down-Modus gibt es hier ein hohes Commitment aller. Veränderungen werden mutig angegangen, ob bei der Einführung neuer Fächer wie ,,Lernen durch Engagement“ oder bei strukturellen Anpassungen. Demokratiebildung zeigt sich an dieser Schule nicht nur in Gremien, sondern auch darin, Kindern Weltverstehen zu ermöglichen. Denn schließlich dürfen wir nicht vergessen: Schule bedeutet mehr als nur kognitiv anregende Bildung. Es geht auch um Herzensbildung – und die hat extrem viel mit dem Leben in einer Demokratie zu tun.

Zum Jurymitglied: Susann Gessner ist Leiterin der Didaktik der politischen Bildung an der Universität Marburg.